Im April 2022 gab der Stadtrat den Startschuss für die Entwicklung eines neuen Wohngebiets in Halle-Bruckdorf. Dort sollen auf einer zwölf Hektar großen und nahe der S-Bahn Halle–Leipzig gelegenen Baufläche 200 Eigenheime entstehen. In unmittelbarer Nachbarschaft betreibt die GISA ein Rechenzentrum und kommt damit als potenzieller Wärmelieferant für das Wohngebiet in Betracht. Warum? Rechenzentren verbrauchen einerseits viel Strom, geben andererseits aber auch Energie in Form von Wärme ab. Diese sogenannte Abwärme entsteht beim Kühlen der Server und wird in der Regel in die Umgebung abgeleitet. Dieses bisher oftmals ungenutzte Abfallprodukt kann – nachdem es mittels einer Wärmepumpe weiter erwärmt wurde – über ein Wärmenetz an Endverbraucher weiterverteilt werden.
In Stockholm weiß man dieses Potenzial bereits seit Jahren zu nutzen und speist die Abwärme von Rechenzentren in das städtische Fernwärmenetz ein. In Wien wird damit ein Krankenhaus über ein Nahwärmenetz beheizt, andernorts ein Hallenbad und in Frankfurt und Berlin bald Wohngebiete mit mehr als 1000 Wohnungen.
Um herauszufinden, ob dieser Ansatz auf Halle übertragbar ist, schlagen wir vor, eine Potenzialanalyse zur Abwärmenutzung durchzuführen. Mit dem geplanten Energieeffizienzgesetz soll hierzulande zudem bald die rechtliche Grundlage für die Wiederverwendung von Rechenwärme geschaffen werden. Der seit kurzem vorliegende Gesetzentwurf vom Bundeswirtschaftsministerium sieht vor, dass Rechenzentren ab 2025 einen Teil ihrer Abwärme wiederverwenden müssen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, wenn sich Stadtverwaltung, Stadtwerke und Betreiber von Rechenzentren an einen Tisch setzen, um mögliche Szenarien des Abwärme-Recyclings zu besprechen.
Die aktuelle Energiekrise gibt Anlass genug, um uns hinsichtlich der Energiequellen unserer Wärmeversorgung breiter aufzustellen. Die Nutzung von Abwärme kann dabei ein wichtiger Baustein sein. Gehen wir es an!
Dieser Beitrag erschien zuerst am 10. Februar 2023 im Amtsblatt der Stadt Halle (Saale).