Im gestrigen Kulturausschuss wurde ein Antrag der CDU-Fraktion beraten, der sich für die Benutzung des von Betroffenen als diskriminierend empfundenen Wortes „Mohr“ ausspricht. Im Zuge dieser Beratungen äußerte sich der Stadtrat Gernot Nette der Fraktion Hauptsache Halle & FREIE WÄHLER in einer rassistischen und antidemokratischen Weise gegenüber dem zugeschalteten Experten Noël Kaboré, die wir als Fraktion MitBürger & Die PARTEI entschieden verurteilen.
Herr Nette lamentierte, dass man das N-Wort in Deutschland nicht mehr sagen dürfe. Die Sprache würde wie in George Orwells Dystopie ‚1984‘ verändert und es gäbe „Meinungsdelikte“. Als Beispiel dafür zog er die Strafgesetzparagraphen 86 und 86a heran, nach denen die Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, wie beispielsweise Losungen der SS oder SA, verboten sind. Dies und die antirassistische Haltung von Herrn Kaboré seien dazu gedacht, eine „Orwellsche Welt“ aufzubauen. Diese Äußerungen sind Verschwörungsmythen und greifen Demokratie und Rechtsstaat an.
Herr Nette nannte Herr Kaborés Familie eine „Sippe“, wobei dieser Begriff in Deutschland im direktem Zusammenhang mit der Rassenpolitik des Nationalsozialismus steht. Er ist in Bezug auf die Familienzugehörigkeit einer nicht-weißen Person als rassistisch zu verstehen. Zudem verbreitete Herr Nette das Weltbild, dass schwarze Menschen und Menschen of Colour ausschließlich zugezogen wären. Damit versucht er, die Jahrhunderte alte Geschichte nicht-weißer Menschen in Deutschland und ihrer Verdienste an der Entwicklung unserer Gesellschaft unsichtbar zu machen. Er spricht von Rassismus betroffenen Menschen im Weiteren ihre Erfahrungen als „pseudorassistisch“ ab. Die deutsche Kolonialgeschichte, die bekanntermaßen in einem Genozid an den Nama und Herero in Namibia gipfelte, redete er als „nur zwanzig Jahre“ und wenig wichtig für heute Rassismusdiskurse klein.
Wir danken den Mitgliedern des Ausschusses, die sich gegen die Äußerungen von Herrn Nette gestellt haben. Allem voran möchten wir aber unsere Wertschätzung und unseren Dank an Noël Kaboré zum Ausdruck bringen, der sich unermüdlich dieser Diskussion ausgesetzt hat und persönliche Beleidigungen erleiden musste. Das Verhalten von Herrn Nette war eines Stadtrates nicht würdig und zeigt einmal mehr, dass Rassismus und Menschenverachtung auch vor demokratischen Gremien nicht Halt machen. Das beschämt uns als Mitglieder des Stadtrates. Es bleibt die Hoffnung, dass die Stadtgesellschaft deutlich wahrnimmt, wer hier den demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft versucht zu brechen. Wir, als Fraktion MitBürger & Die PARTEI, werden uns immer dagegenstellen.