Die deutsche Bestattungskultur ist im Wandel. 2011 gab es in Deutschland erstmals mehr Feuer- als Erdbestattungen. Die Nachfrage nach pflegefreien Urnengräbern in natürlicher Umgebung steigt stetig. Das liegt unter anderem auch daran, dass unsere Gesellschaft mobiler geworden ist und Familien weit verstreut leben, was die Grabpflege für die Angehörigen erschwert. Diese Entwicklung schlägt sich auch in der wachsenden Zahl an Bestattungswäldern nieder. Bei einer Waldbestattung wird eine biologisch abbaubare Urne mit der Asche einer verstorbenen Person im Wurzelbereich eines Waldbaumes beigesetzt.
2001 eröffnete der erste Bestattungsforst in privater Trägerschaft in Deutschland. Seitdem sind deutschlandweit etwa 150 solcher Wälder entstanden. Die nächstgelegenen Bestattungswälder in unserer Region befinden sich in Freyburg und Sangerhausen und damit in etwa 50 Kilometern Entfernung. Unterdessen entscheiden sich aber auch immer mehr Kommunen für die Einrichtung eines solchen Angebots in eigener Trägerschaft. Warum nicht auch Halle?
„Aus Sicht unserer Fraktion könnten sich besonders die Reserve- und Erweiterungsflächen im nördlichen Bereich des Gertraudenfriedhofs gut für die Einrichtung eines Bestattungswaldes eignen. Dort ist Platz und bereits eine waldartige Struktur vorhanden“, erläutert Stadträtin Dörte Jacobi das Anliegen der Fraktion MitBürger & Die PARTEI.
„Wir haben enorm viele positive Rückmeldungen aus der Bürgerschaft zu diesem Vorschlag erhalten. Das zeigt, dass die Nachfrage nach dieser Bestattungsform sehr groß ist. Bedenken wurden seitens der Pächter der angrenzenden Kleingartenanlage dahingehend geäußert, dass ihre Gärten dem Bestattungswald weichen müssten. Ihnen sei versichert: Die Gartenflächen werden ausdrücklich nicht in die Planung für einen Bestattungsforst einbezogen“, stellt Jacobi klar.
In der „Friedhofsentwicklungsplanung der Stadt Halle (Saale)“ aus dem Jahr 2017 schlug die Stadtverwaltung noch selbst vor, einen Bestattungswald zu schaffen. Damals ging es allerdings um die Einrichtung eines Bestattungsforstes in der Dölauer Heide, der von einem privaten Anbieter betrieben werden sollte. „Unser Ansatz wäre, dass die Stadt das selbst macht und zwar auf vorhandenen Friedhofsflächen, die aktuell ungenutzt sind“, so Jacobi.
Der Bestattungswald in privater Trägerschaft fand 2017 im Stadtrat keine Mehrheit und wurde auf Initiative der Stadtratsfraktion DIE LINKE hin aus der Friedhofsentwicklungsplanung gestrichen. In der Begründung zu diesem Änderungsantrag wies DIE LINKE darauf hin, dass auf den vier städtischen Hauptfriedhöfen genug Flächen vorhanden seien, um dort einen Bestattungswald zu realisieren.
Mittlerweile ist die Stadtratsfraktion DIE LINKE leider von ihrer eigenen Position abgerückt und spricht sich gegen die Einrichtung eines Bestattungswaldes auf den Reserve- und Erweiterungsflächen des Getraudenfriedhofs aus. Der Bestattungshain auf dem Südfriedhof sei eine gute Alternative zu einem Bestattungsforst. „Diese Ansicht teilen wir nicht. Die Bestattung in einem Bestattungswald unterscheidet sich fundamental von einem Bestattungshain vor allem durch seinen waldartigen Charakter. Das ist bei einem Bestattungshain nicht gegeben, da dort nur einzelne Bäume gepflanzt sind, um die sich die Grabfelder anordnen. Wir bauen darauf, dass unser Antrag im Stadtrat erfolgreich sein wird.“