Es war ein Urteil, dass mehr Fragen aufwarf als es beantwortete. Anfang August entschied das Verwaltungsgericht Halle, dass der Beschluss des Stadtrats 2019, die von der AfD für die Ausschüsse vorgeschlagenen Sachkundigen Einwohner nicht zu bestätigen, rechtswidrig gewesen sei. Grund für die damalige Ablehnung waren die Verbindungen einzelner Kandidaten zum Rechtsextremismus gewesen.
„Allerdings hat das Gericht nicht angeordnet, dass der Stadtrat beziehungsweise seine Mitglieder die von der AfD aufgestellten Kandidaten bestätigen muss“, erläutert MitBürger-Stadträtin Yvonne Winkler. Die AfD hatte zu Beginn vor Gericht noch genau das beantragt, nach einigem Gegenwind ihren Antrag allerdings grundsätzlich geändert. „Das führt jetzt zu einer paradoxen Situation. Trotz des Urteils stünden wir bei einer erneuten Abstimmung wieder vor der gleichen Situation. Schließlich sind die berechtigten Vorbehalte gegen Personen mit offensichtlichen Verbindungen zum Rechtsextremismus noch immer da.“
Die Fraktion hält das Urteil daher für nicht umsetzbar. Sie hält es jedoch auch für inhaltlich falsch. Yvonne Winkler dazu: „Das Gericht hat in seinem Gerichtsbescheid aus dem April das zentrale Argument klar auf den Tisch gelegt: Keiner Stadträtin und keinem Stadtrat kann sein oder ihr Abstimmungsverhalten vorgeschrieben werden. Wenn es keine Entscheidungsfreiheit gäbe, bräuchte es auch keine Abstimmung. Dass das Gericht dieses zentrale Argument in seinem jetzigen Urteil außen vor lässt, ist für uns nicht nachvollziehbar.“
Vor allem aber braucht es aus Sicht der Fraktion Rechtsklarheit, weswegen sie einen von der Stadtratsvorsitzenden eingebrachten Antrag unterstützt, die Zulassung der Berufung gegen das Urteil zu beantragen. „Es geht hier nicht nur um uns“, unterstreicht Yvonne Winkler. „Akzeptieren wir dieses Urteil, akzeptieren wir die Auffassung des Gerichtes, dass Stadträtinnen und Stadträte, die ihr freies Mandat ausüben und gegen die Berufung von Personen stimmen, die sie aus guten Gründen als Rechtsextreme betrachten, zu einem rechtswidrigen Beschluss beitragen. Das wäre ein fatales Signal – sowohl für die wehrhafte Demokratie, als auch für die freie Mandatsausübung. Ein Signal, was auch in anderen Kommunen ankäme, da bin ich mir sicher.“ Deshalb wolle man eine grundsätzliche Klärung durch das Oberverwaltungsgericht erreichen.
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