Die wichtige Radroute zwischen Hauptbahnhof und Marktplatz führt durch die Martinstraße. Leider hat diese Route ein großes Manko. Den Höhensprung zwischen Töpferplan und dem Platz am Leipziger Turm müssen Radfahrende seit Jahren auf einem ein Meter breiten Gehwegstreifen zwischen Mauer und Treppe balancierend überwinden. Was für geübte Radfahrende nur mit einer gewissen Portion Mut und fortgeschrittener Radbeherrschung zu bewältigen ist, stellt für unsichere Radfahrende und Menschen auf Lastenrädern oder mit Fahrradanhängern, aber auch mit Kinderwagen oder Rollatoren, eine gefährliche oder gar unüberwindbare Situation dar.
Derzeit entwickelt die Stadt gemeinsam mit der Grundstückseigentümerin und Investorin die Brache am ehemaligen La Bim. Dort sollen in sehr attraktiver Lage sechs Stadtvillen mit insgesamt 215 Wohnungen und zusätzlich ein Hotel/Bürogebäude auf der Freifläche am Töpferplan entstehen. Die Grundlage dafür bildet der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 197 Charlottenstraße/Gottesackerstraße/Töpferplan.
Während die Investorin im Rahmen der Umsetzung des Bauvorhabens „Leben am Töpferplan“ von der Stadt zur Neuordnung und Sanierung der angrenzenden Straßen verpflichtet werden soll, wird sie bei der Beseitigung des eingangs dargestellten Missstands aus der Pflicht entlassen. Und das, obwohl der Stadtrat der Investorin und der Stadtverwaltung im Juni 2020 beim Startschuss für das Projekt genau diese Aufgabe ins Stammbuch geschrieben hatte.
Tom Wolter, Fraktionsvorsitzender der MitBürger, erklärt dazu: „Die Neugestaltung des Areals im Charlottenviertel sollte zum Anlass genommen werden, diese Engstelle für den Radverkehr zu beseitigen. Wenn wir uns jetzt nicht darum kümmern und der Bebauungsplan ohne den Auftrag zum Lückenschluss der Radroute beschlossen wird, wird künftig an dieser Stelle schlichtweg der Platz für eine sinnvolle Verbindung für den Radverkehr fehlen.“
In der vorliegenden Beschlussvorlage zur Auslegung des Bebauungsplans erläutert die Stadtverwaltung, warum die Forderung nach einer barriereärmeren Radverkehrsverbindung nicht berücksichtigt werden konnte und dass die Zuständigkeit dafür bei der Stadt liege. Begründet wird dies damit, dass die erforderliche Umplanung nicht unmittelbar aus dem Vorhaben resultiere.
Sarah Labusga, sachkundige Einwohnerin der Fraktion MitBürger im Stadtentwicklungsausschuss, erklärt, warum diese Argumentation ihre Fraktion nicht überzeugt: „Noch weniger nachvollziehbar wird das Ganze, wenn man sich vor Augen führt, dass dem Radverkehr eine große Rolle im Mobilitätskonzept des Bauprojektes zukommt. Dieses Mobilitätskonzept ist Voraussetzung dafür, dass die Zahl der erforderlichen Pkw-Stellplätze reduziert werden kann. Indem die Investorin projektintern unter anderem gute Bedingungen für den Radverkehr schafft – etwa durch ausreichend sichere Fahrradstellplätze, einen Lastenradverleih und Lademöglichkeiten für E-Bikes – kann die Anzahl der erforderlichen Pkw-Stellplätze in der Tiefgarage von 129 auf 108 reduziert und damit auf eine zweite Tiefgaragenebene verzichtet werden. Auf diese Weise spart die Investorin Baukosten in erheblicher Höhe, da der Bau von Tiefgaragen, insbesondere einer zweiten oder dritten Ebene, sehr kostenintensiv ist. Dementsprechend sehen wir die Investorin in der Pflicht, auch die Wege vom und zum geplanten Wohngebiet fahrradfreundlich umzugestalten.“