Die Diskussion um Jugendgewalt in Halle hat eine Welle an mehr oder weniger ausgefeilten Lösungsvorschlägen verschiedener Fraktionen ausgelöst. Dieser Tatendrang ist nachvollziehbar, doch die Stadt muss sich auch fragen lassen, was eigentlich aus vorangegangenen Beschlüssen im Bereich Prävention geworden ist. Denn Papier ist leider auch in Halle geduldig. Beispiele gibt es viele:
Anfang 2020 beschloss der Stadtrat, unter anderem auf unsere Initiative, die Neuausrichtung des Präventionsrates. Seitdem besteht Einigkeit darin, dass genau dieses Gremium eine maßgebliche Rolle im Umgang mit Jugendgewalt spielen könnte. Seit Dezember 2022 ist die Koordinierungsstelle endlich besetzt und dennoch finden sich jeden Monat weitere Gründe, warum der Präventionsrat seine Arbeit noch nicht wiederaufnehmen konnte.
Oder nehmen wir das von uns geforderte Familieninformationsbüro – eine wichtige Anlaufstelle für Eltern, um gebündelt an einem Ort Beratung und Informationen zu Hilfsmöglichkeiten zu bekommen. Das Präventionskonzept sieht die Einrichtung seit 2020 vor, aber bis heute wurde die notwendige Stelle dafür nicht einmal ausgeschrieben.
Bei anderen Beschlüssen gibt es ein wenig Bewegung: Der Grundsatzbeschluss zur Einrichtung eines Jugendparlaments wurde auf Antrag unserer Vorgängerfraktion 2018 gefasst, der Konzeptbeschluss folgte 2019. Laut Aussage der Stadtverwaltung ist nun fast alles vorbereitet – nur die Beschlussvorlage für den Stadtrat fehlt noch immer. Auch beim Vorhaben eines trägerübergreifenden Kita-Portals zur Anmeldung für einen Kitaplatz, besteht nun Hoffnung, dass es – nach einem ersten gescheiterten Versuch – 2023 tatsächlich online geht.
All diese Beispiele zeigen: Wirksame Präventionsmaßnahmen, ob sie sich nun direkt mit dem Thema beschäftigen, Eltern unterstützen, jungen Menschen ein Mitspracherecht geben oder die frühkindliche Bildung stärken sollen, sind in Halle längst beschlossene Sache. Doch sie sehen sich oftmals einer Verwaltung gegenüber, die an manchen Stellen mit angezogener Handbremse zu agieren und an anderen an den Aufgaben zu scheitern scheint.
Daher fordern wir die Stadtverwaltung auf, die zahlreichen konstruktiven Beschlüsse endlich in die Tat umzusetzen. Denn Prävention wirkt nur, wenn sie auch breitgefächert stattfindet.
Bild: Rufus46, lizensiert unter CC BY-SA 3.0 (Bild zugeschnitten)
Dieser Beitrag erschien zuerst am 5. Mai 2023 im Amtsblatt der Stadt Halle (Saale).