Am Dienstagabend stellte sich Bildungsministerin Eva Feußner im Bildungsausschuss der Diskussion um neue Schulstandorte in Halle.
Die Landesverordnung zur Schulentwicklungsplanung, welche insbesondere Schulneugründungen erschwert und im Vorfeld bereits kontrovers diskutiert wurde, verteidigte sie vehement. Der Verordnung zufolge müssen neue Schulen in den ersten sechs Schuljahren eine 150-prozentige Auslastung nachweisen. Damit soll Halle nun auf ein neues Gymnasium im Osten sowie auf eine vierte Integrierte Gesamtschule in Heide-Nord verzichten. Zudem soll in den vorhandenen Schulen eine Klassenstärke von bis zu 28 Schülern ausgereizt werden. Anstatt also Schulen mit hohen Klassenstärken zu entlasten und somit den Unterricht zu verbessern, werden die vorhandenen Strukturen überstrapaziert. Die individuelle Betreuung der Schüler*innen durch die Lehrerschaft wird folglich schlechter, und das nicht aufgrund pädagogischer, sondern struktureller Mängel.
Auf Fragen, wie die zunehmenden Herausforderungen der Pandemie und des Schulbetriebes generell gemeistert werden können und sollen, gab es wenig konkrete Antworten ihrerseits. Stadtrat Dr. Detlef Wend, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, vertritt die Fraktion seit Neuestem auch im Bildungsausschuss. Er ist enttäuscht von den Aussagen und sagt: „Große Schulklassen und extrem aufgefüllte Schuljahrgänge scheint Frau Feußner nicht als Nachteil zu empfinden. Es gibt ja so einige Baustellen in der Bildungspolitik, doch der Lehrermangel in Sachsen-Anhalt ist nach wie vor das Hauptproblem und hat uns als Kommune unverschuldet in diese äußert missliche Lage gebracht. Er bricht uns das Rückgrat und macht uns handlungsunfähig. Wie soll eine vernünftige Bildungspolitik jetzt und in Zukunft gelingen, wenn das Land keine Lösung für den Mangel an Lehrpersonal parat hat, sondern schlichtweg das Problem von der Landesebene in die Kommunen verlagert? Anstatt Lehrer zu gewinnen, werden eben weniger Schulen gebaut und die Klassenräume immer voller. Das ist fatal!“
Geld sei genug vorhanden, betonte die Ministerin. 1000 Lehrerstellen habe man ausgeschrieben. Allerdings seien nicht mehr als 400 Bewerbungen eingegangen. Den Vorschlag etwaige nicht genutzte Finanzmittel aus diesem Pool einzusetzen, um damit die Schulsozialarbeit zu fördern, lehnte Frau Feußner ab und bezeichnete es als “Verschiebebahnhof”. Ein ernüchterndes und wenig nachvollziehbares Statement, wenn man bedenkt, dass das Land den Kommunen zukünftig einen Eigenanteil von 20 Prozent bei der Finanzierung der Schulsozialarbeit aufbürden will. In Halle entspricht das aktuellen Schätzungen zufolge einer Summe von etwa 500.000 Euro. Damit stellt das Land unsere Stadt vor eine schier unlösbare Aufgabe. Denn in einer bankrotten Kommune wie unserer ist es schon schwer ein Hundertstel dessen aufzubringen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schulsozialarbeit durch das Ausreizen von Belastungsgrenzen an den Schulen zwangsläufig unter noch mehr Druck geraten wird.
„Ich rechne es Frau Feußner hoch an, dass sie sich der Debatte im halleschen Bildungsausschuss gestellt hat“, resümiert Stadtrat Dr. Detlef Wend. „Das Ergebnis ist allerdings wenig erhellend. Unsere Bildungsministerin versteckt sich hinter den üblichen ‚Sachzwängen‘ wie der Verordnung der Landesregierung und dem allseits beklagten Lehrermangel. Es wirkt fast so, als sei sie die letzten beinahe 30 Jahre gar nicht im Landtag dabei gewesen. Zum billigen Trick der Landesregierung, den Kommunen Mehrkosten bei der Finanzierung der Schulsozialarbeit aufzubürden, schweigt sie ganz. Es ist der übliche Modus vieler namhafter Landespolitiker. Sie predigen sonntags von guter Bildung und ihrer Bedeutsamkeit, während sie in der übrigen Woche tatenlos bis destruktiv bleiben.“